Wohnen
Füreinander. Miteinander. Stegermatt.
75 % des CO2-Ausstoßes entstehen heute in Städten.
Wir können das besser.
Ein sicheres Dach über dem Kopf: Eines der Grundbedürfnisse des Menschen. Doch so selbstverständlich dies manchmal scheint, so schwierig gestaltet sich die passende Wohnraumsuche. Als Gestalterbank möchten wir im Zukunftsthema Wohnen die Region fördern, indem wir soziale und bezahlbare Bau- und Wohnprojekte fördern. Damit unser Zuhause dabei nicht zur Belastung für die Umwelt wird, begleiten wir Initiativen zur Sicherung einer ressourcenschonenden städtischen Infrastruktur sowie zu einer zukunftsgerichteten Entwicklung des ländlichen Wohn- und Lebensraumes.
Gesellschaftliches Engagement
Vom Inklusionsprojekt
zur Herzensangelegenheit.
Im Stadtteil Stegermatt in Offenburg entsteht ein einzigartiges Millionenprojekt: 58 Wohnungen für Menschen mit und ohne Behinderung werden hier gebaut und als sozialer Wohnraum zur Verfügung gestellt. Ein Inklusionsprojekt, welches nur dank der unkonventionellen und erfolgreichen Zusammenarbeit der Gestalterbank mit der hurrle Immobilien Gruppe und der Lebenshilfe Offenburg-Oberkirch e.V. zum Leben erwachte.
Thomas Ganter, Geschäftsführender Gesellschafter der hurrle Immobilien Gruppe, Achim Feyhl, Geschäftsführer der Lebenshilfe Offenburg-Oberkirch und der ehemalige Co-Vorstandsvorsitzender der Volksbank, Markus Dauber verraten im Interview, wie die Herausforderungen und Besonderheiten des Projekts aussahen und welche Vision sie antreibt.
Feyhl: Es fehlt akut an bezahlbarem und barrierefreiem Wohnraum. Die Nachfrage danach ist enorm. Die Projektidee, bezahlbares und betreutes Wohnen in Stegermatt anzubieten, kam von uns. Realisierbar wurde es aber erst durch das Projektteam mit der Volksbank und der Hurrle Immobilien.
Dauber: Achim Feyhl und ich waren durch die Initiative „unbehindert miteinander“ gut vernetzt. Hierbei ging es bereits um die Themen Barrierefreiheit, Inklusion und eine soziale Unternehmerkultur. Für uns ist die Übernahme gesellschaftlicher und sozialer Verantwortung essenziell und gehört zu unserem Selbstverständnis als Gestalterbank, auch außerhalb unseres Kerngeschäfts. Ich erinnere mich noch sehr gut daran, als Achim mir dann 2018 erstmals begeistert von der Idee und der Chance zur Errichtung der dringend benötigten Wohnungen in Offenburg berichtete. Anfangs hatten wir sogar über die Gründung einer Genossenschaft nachgedacht, was sich aber letztlich nicht realisieren liess. Also fehlte „nur noch“ der passende Investor, der aber gleichzeitig viel Knowhow für die Errichtung eines solchen Großprojektes mitbringen musste. Den haben wir mit Thomas Ganter und der hurrle-Gruppe gefunden.
Ganter: Volksbank, Lebenshilfe und hurrle Immobilien kennen sich schon lange und haben ein vertrauensvolles Miteinander. Die Lebenshilfe leistet seit Jahrzehnten eine sehr gute Arbeit für betreuungsbedürftige Mitmenschen. Daneben ist die Volksbank schon seit vielen Jahren unser verlässlicher Finanzierungspartner und auch die Hausbank der Lebenshilfe. Alles in allem war das ein gutes Fundament für dieses Projekt.
Dennoch hat es einige Anläufe gebraucht, um das Bauvorhaben an den Start zu bringen. Warum hat es schließlich funktioniert?
Dauber: Aufgrund der hohen Baukosten einerseits und der im Rahmen des sozialen Wohnungsbaus maximal möglichen Mietpreise andererseits, ist es nicht einfach, derartige Projekte zu realisieren. Gemeinsam mit Offenburgs Finanzbürgermeister Hans-Peter Kopp waren Achim Feyhl und ich anfangs eng mit dem Wirtschaftsministerium und der L-Bank im Austausch, um die dringend benötigen Fördermittel zu erhalten. Gegenüber den ersten Entwürfen bedurfte es dann jedoch einer optimierten Konzeption durch Thomas Ganter und seinem Team – andernfalls wäre die Investition nicht darstellbar gewesen. Im Ergebnis entstehen jetzt sogar mehr Wohnungen als ursprünglich geplant.
Ganter: Am Ende haben viele Details und die enge Zusammenarbeit aller zum Erfolg geführt. Ausschlaggebend war neben einem verbesserten Ausnutzungskonzept die Zusammenarbeit mit Firmenkundenberater Hans-Jürgen Herbertz, einem Profi für Fördermittel bei der Volksbank, der uns eine sehr gute KFW-Finanzierung ermöglichte. Indem wir ökologisch nachhaltig bauen und eine innovative Wärmeversorgung nutzen, erfüllen wir wichtige Vorgaben für eine KFW-Immobilie. Gemeinsam mit der Volksbank als Mit-Investor gründeten wir das Projektunternehmen füreinander.miteinander.stegermatt GmbH, welches ich als Geschäftsführer leite. Und schließlich stellte die Stadt Offenburg der Lebenshilfe das Grundstück mit einer 25-prozentigen Förderung zur Verfügung. Grundstückseigentümer ist also die Lebenshilfe, die das Grundstück in Erbbaupacht für 99 Jahre an unser Projektunternehmen vermietet. In Summe stecken in diesem Projekt also viel Herzblut und Knowhow.
Das klingt vielversprechend. Der Spatenstich erfolgte bereits im Januar 2021. Worauf dürfen sich künftige Bewohner und Nachbarn denn freuen?
Ganter: Das Stegermatt-Projekt ist zu 100% ein Sozial- bzw. Inklusionsprojekt. Kurz gesagt entsteht hier etwas wirklich Nachhaltiges im Stadtteil. Von außen betrachtet, werden charakteristische Merkmale sicherlich die klaren Linien des Gebäudes und die Außenanlage mit Bocciaplatz, Sitzgelegenheiten und Hochbeeten sein. Und auch beim Blick aus der Vogelperspektive wird der moderne Standard mit einem begrünten Dach plus Photovoltaikanlage bestätigt.
Feyhl: Neben den 58 Wohnungen gibt es darüber hinaus ein breites Leistungsangebot, orientiert an den besonderen Bedürfnissen der Bewohner – beispielsweise Waschsalon, Cafeteria, Hausmeisterdienst, ein Service-Desk, der rund um die Uhr erreichbar ist oder auch Chauffeur-Dienste. Diese Angebote kommen dem gesamten Quartier zugute. Es ist vieles darauf ausgelegt, ein Leben in einer nachbarschaftlichen Gemeinschaft zu führen und ein Quartiermanagement koordiniert die Einbindung im Stadtteil.
Abschließende Frage: Sehen Sie in FÜREINANDER.MITEINANDER.STEGERMATT GmbH das Potential, nachhaltig die Zukunft zu gestalten?
Ganter: Mit unserem Projekt leisten wir definitiv einen Beitrag zu einer nachhaltigen Stadtentwicklung, einen Beitrag zu unserer Heimat, zur Umgebung, in der wir uns vertraut fühlen. Es ist ein Glücksfall, dass die Landesgartenschau 2032 nach Offenburg kommt und an den Stadtteil Stegermatt angrenzt. Dass bietet für den Stadtteil und damit für unser Projekt eine tolle Perspektive.
Dauber: Um soziale Wohnbauprojekte zu etablieren, gibt es aktuell noch zu viele Hürden. Öffentliche Fördermittel sind dabei elementar und deren Bedingungen müssen auch den ländlichen Raum berücksichtigen. Wir nutzen unser Netzwerk und werden nicht müde, hierauf hinzuweisen. Aber auch bei diesem Projekt wird deutlich: „Was dem Einzelnen nicht möglich ist, dass vermögen viele“. Ohne das enge Miteinander zwischen der Stadt Offenburg und Herrn Oberbürgermeister Steffens und seinem Team, Achim Feyhl und der Lebenshilfe Offenburg-Ortenau, Thomas Ganter und dem Team der Hurrle-Gruppe sowie der Volksbank wäre die Realisierung nicht möglich gewesen. Von daher hat das Projekt das Potential, zum Modellprojekt zu werden – ganz bestimmt zeigt es aber, was wertebasierte Partnerschaften im Stande sind zu leisten.
Feyhl: Zuhause ist ein Lebensmittelpunkt und nicht einfach nur ein Dach über dem Kopf. Dieses Projekt soll ein Vorbild für das Land sein – das wäre meine Vision. Es wird eine neuartige Form des Zusammenlebens, des MITEINANDER, stattfinden, in dem alle in gewisser Weise voneinander lernen können. Inklusion und gelebte Nachbarschaft sind wichtige Stichworte, damit sich alle wohlfühlen. FÜREINANDER im alltäglichen Leben da zu sein, wird physische und psychische Barrieren abbauen. Ich bin überzeugt davon, dass unser Herzensprojekt ein Vorbild für geplante und neu entstehende Quartiere in der Zukunft sein wird.
Achim Feyhl
Geschäftsführer
Lebenshilfe Offenburg-Oberkirch
Thomas Ganter
Geschäftsführer
Hurrle Beteiligungs GmbH & Co. KG
Markus Dauber
ehemliger Co-Vorstandsvorsitzender
Volksbank eG – Die Gestalterbank
Perspektivwechsel
Das Stegermatt-Projekt
aus Architektensicht.
Thomas Braun, Sie sind der Architekt des Gebäudes. Worin bestand der Reiz, ein Gebäude für Menschen mit und ohne Behinderung zu entwerfen?
Gleich zu Beginn der Planung mussten wir uns nicht nur abstrakt, sondern im Detail individuelle, barrierefreie Lösungen jenseits der Standards überlegen. Es ging dabei nicht um die Frage, wie eine barrierefreie im Vergleich zu einer klassischen Lösung funktioniert, sondern wie wir Lösungen entwickeln können, bei der diese Unterscheidung keine Relevanz mehr hat. Wir haben das Projekt als Chance begriffen, die Behinderung auf selbstverständliche Weise im Leben Aller aufgehen zu lassen.
Wie haben Sie die unterschiedlichen Anforderungen miteinander verknüpft?
Indem man die erhöhten Anforderungen des behindertengerechten Wohnens für einen großen Teil des Bauvorhabens annimmt, erreicht man eine hohe Flexibilität insgesamt. Dieses Grundverständnis benötigt manchmal etwas mehr Fläche, oft reicht es aber auch, sich in die Perspektive von Menschen mit Behinderung hineinzuversetzen. Eine Schwierigkeit bei diesem Projekt war sicherlich die Navigation im Spannungsfeld zwischen privaten und gemeinschaftlichen Räumen und den dazugehörigen Übergangsbereichen. Dies ist uns durch die zweiflügelige Anlage mit Laubengängen und einem zentralen Gemeinschaftsbereich gut gelungen. Die Lösung erlaubt große individuelle Freiheiten, bietet aber auch viel Service, Raum für informelle Zusammenkünfte und kurze Wege.
Durch die kontextsensible Wiederaufnahme der historischen Bebauung des Ortes werden außerdem der Respekt und die Zugehörigkeit zum Stadtteil Stegermatt ausgedrückt.
Haben Sie eine Vision?
In unserer Vision geht die Anforderung nach Barrierefreiheit neben Aspekten wie Konstruktion, Funktionalität oder dem Anspruch an das klimagerechte Bauen in einer selbstverständlichen Planungsvoraussetzung auf. Man könnte unsere Vision auch als architektonische Inklusion beschreiben. Die Anlage signalisiert Geborgenheit, Sicherheit, aber auch Freiheit und Selbstbestimmung des einzelnen Individuums. Dieses Projekt könnte beispielhaft den Weg zu mehr Gebäuden mit ähnlichem Konzept öffnen.
Thomas Braun
Architekt
Architekturbüro Müller + Huber
Kommentar
Offenburgs Oberbürgermeister Marco Steffens freut sich besonders über die Entstehung von Füreinander. Miteinander. Stegermatt.
„Es handelt sich um ein in vielerlei Hinsicht innovatives Projekt. Hier kommen die Themen Inklusion, bezahlbares Wohnen, Klimaschutz und Bildung auf sympathische Weise in Einklang. Mit der Gestalterbank, der hurrle Immobilien Gruppe und der Lebenshilfe Offenburg-Oberkirch kooperieren außerdem Akteure mit ihren ganz eigenen Kompetenzen, sodass gemeinsam etwas Großes entsteht, von dem der Stadtteil Stegermatt letztlich sehr profitieren wird.
Deshalb leistet auch die Stadt Offenburg mit ideeller und finanzieller Förderung gerne ihren Beitrag.“
Marco Steffens
Oberbürgermeister der Stadt Offenburg